Die Sprach-Checker ‒ So sprechen wir in der Neckarstadt


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Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) und stadtteilbezogene Kooperationspartner führen aktuell das Citizen-Science-Projekt „Die Sprach-Checker – So sprechen wir in der Neckarstadt“ zur Erforschung der mehrsprachigen Umgebung von Kindern und Jugendlichen im Vielfaltsquartier Neckarstadt-West in Mannheim durch.

„Zusammenleben in Vielfalt“, dafür steht Mannheim. Menschen aus über 100 Nationen leben in der Neckarstadt-West, einem an die Innenstadt angrenzenden dynamischen Stadtteil, nördlich des Neckars, westlich der Kurpfalzbrücke. Das bringt einen Sprachenreichtum mit sich, der aus der Perspektive des Stadtteils Chancen, aber auch Herausforderungen birgt. Charakteristisch für die Neckarstadt-West ist ein hoher Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte, aber auch von „Ur-Neckarstädtern“, die im Stadtteil seit Jahrzehnten fest ansässig sind, sowie von Künstler*innen und Student*innen. Sie alle zusammen verleihen dem Stadtteil eine ebenso künstlerische wie urbane Prägung, die sich in den Straßenzügen und Plätzen (z. B. Mittelstraße und Neumarkt) sowie Stadtteilveranstaltungen (z. B. Lichtmeile) zeigt.

Wie kann man aber die reichen Sprachschätze in der Neckarstadt-West entdecken und ihre Ursprünge zurückverfolgen? Dieser Frage gehen Sprachforscher*innen vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache zusammen mit Sprach-Checkern, forschenden Kindern und Jugendlichen (Citizen Scientists) des Stadtteils, nach. Im Projekt nähern sich die Citizen Scientists der Frage, wie sich die mehrsprachige Situation im Stadtteil aus ihrer Perspektive beschreiben lässt, d. h. welche Erfahrungen für sie in ihrem Leben mit und in verschiedenen Sprachen wichtig sind.

Die Sprach-Checker sind aktiv am Forschungsprozess beteiligt, indem sie nach einer Einführung in linguistische Methoden der Mehrsprachigkeitsforschung eigenständig Fragen zur Beschreibung ihrer Sprache(n) in der Neckarstadt-West entwickeln, Sprachdaten erheben und die Ergebnisse dann in den Aktionsgruppen besprechen und auswerten. Ein Beispiel ist die Erfassung und Dokumentation sprachlicher Spuren im öffentlichen Raum (Linguistic Landscaping). Alle gesammelten Spuren sind in die interaktive Karte der App Lingscape eingebunden.

Ein wichtiges Anliegen im Projekt ist zum einen die Methodenvermittlung und Datenerhebung im Sinne der Wissenschafts­kommunikation und der Schaffung von zielgruppenadäquaten Citizen-Science-Angeboten. Zum anderen ermöglicht das Projekt eine Auseinandersetzung und eine Identifikation mit der eigenen (sprachlichen) Umgebung sowie die Vermittlung von Wertschätzung für die Mehrsprachigkeit der Bürger*innen, um verengte Perspektiven auf Sprache zu verändern. So lassen sich langfristig monoperspektivische Ansätze aufbrechen, oder mit anderen Worten, die Utopie eines einsprachigen Sprachgebrauchs (z. B. „Alle können doch das deutsche Schild verstehen.“) oder gar die vermeintliche Notwendigkeit einer einsprachigen Kommunikation dekonstruieren. Zur Erfassung des aktuellen Sprachgebrauchs in der Neckarstadt-West verfolgt das Projekt einen deskriptiven Ansatz, um die Sichtbarkeit und den Stellenwert der Mehrsprachigkeit im Stadtteil zu untersuchen – gemeinsam mit ihren Bürger*innen. 

Das Projekt „Die Sprach-Checker – So sprechen wir in der Neckarstadt“ wurde im Oktober 2022 von der Jury des bundesweiten Wettbewerbs „Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt“ als eines von drei Projekten ausgezeichnet. Der Wettbewerb wird von Wissenschaft im Dialog und dem Museum für Naturkunde Berlin in enger Zusammenarbeit mit der Citizen-Science-Plattform Bürger schaffen Wissen umgesetzt. Gefördert wird das Verbundprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Es unterstützt Ideen und Aktionen, die Bürgerinnen und Bürger zum Mitforschen einladen und Impulse für eine nachhaltige Verankerung von Citizen Science (Bürgerwissenschaften) vor Ort schaffen.


Einblicke in die von Schülerinnen und Schülern erfassten Spuren und in die von ihnen vorgetragenen Statements zu ausgewählten Bildern
[Insights into middle school students’ field work and explanatory statements on selected images]

English version

“Die Sprach-Checker: So sprechen wir in der Neckarstadt” (Eng. “Language Checkers: This is how we speak in Neckarstadt”) is a citizen science project regarding multilingualism in Mannheim, Germany. Neckarstadt-West, a district in which people from over 100 nations reside, is defined by the migration stories of its citizens. The district is known for its dynamic and urban aura. You can feel it in its streets and squares (e. g. Mittelstraße and Neumarkt) or at local events (e. g. Lichtmeile). However, the (re)development of the district is proceeding slowly, as development efforts are often overshadowed by a problem-centred news coverage. The same applies to the language proficiency of its residents, which is often cast in a negative light: the focus is kept on certain deficiencies. Despite the fact that the children of migrants grow in a multilingual environment by default and can usually understand and/or speak at least two languages, they still face negative stereotypes, and their heritage languages are hardly promoted.

So, how can we discover Neckarstadt’s tremendous linguistic treasure and trace it back to its source? We are working with citizen scientists to answer this question. The project is targeted at children and adolescents, most of whom have different cultural backgrounds.

Young citizen scientists are exploring their linguistic surroundings using various linguistic methods, inter alia, linguistic landscaping. They are not merely taking part in a linguistic survey, but playing an active part in the research itself (data collection, documentation, analysis, etc.). On the one hand, we try to use low-threshold means to give insights into different linguistic methods and to provide expert guidance in the course of a linguistic landscaping activity, for instance, thereby creating citizen science activities for young people. On the other hand, we are keen to contribute to a change of societal perspectives regarding diversity and to encourage mutual appreciation of multilingualism in Neckarstadt-West, thus deconstructing the utopian vision of a monolingual society (e. g. “The German on the signs is comprehensible for everyone”) or, even more, the alleged necessity of a monolingual communication. To present a valid image of the current language use, we pursue a descriptive approach to study the visibility and salience of multilingualism in the district by involving its citizens.

Photos and annotations of signs and lettering that our young citizen scientists have collected on Lingscape’s interactive map so far are now available online.

The project was awarded as one of the top three citizen science projects in Germany by the nationwide competition “Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt” (Engl. “On your marks! Citizen Science in your city”). The funding was obtained in the period 2022–2023. The competition was held by Wissenschaft im Dialog and Museum für Naturkunde Berlin in close cooperation with Bürger schaffen Wissen – the central platform for promoting citizen science in Germany. TThis collaborative project was funded by the Federal Ministry of Education and Research (Ger. “Bundesministerium für Bildung und Forschung”, BMBF).


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